Um es gleich vorwegzunehmen: Ob diese Brötchen wirklich im antiken Rom gegessen wurden, ist ehrlich gesagt ziemlich fraglich, denn Algen wurden in der griechisch-römischen Antike als mehr oder weniger ungenießbar angesehen. Daher werden Algen als Zutat in der wichtigsten Quelle der altrömischen Kochkunst „De re coquinaria“ von Marcus Gavius Apicius, erst gar nicht erwähnt. Apicius war ein großer Feinschmecker und Exzentriker und interessierte sich generell mehr für tierische als für pflanzliche Spezialitäten. Dennoch wissen wir von Cato, dass die Mostbrötchen („Mustei“) sehr gerne und bei vielen Gelegenheiten genossen wurden. Und da Algen grundsätzlich verfügbar waren, ist es gar nicht so verwegen anzunehmen, dass der eine oder andere mal damit experimentiert und sie als Gewürz eines Brötchens verwendet haben könnte…
Ihren Namen haben die Brötchen übrigens von dem für den Teig verwendeten Traubenmost, aus dem die Römer außer Wein allerlei weitere Produkte herstellten. Da die meisten keinen Zugriff auf frisch aus der Kelter geflossenen Traubenmost haben dürften, kann für dieses Rezept auch Traubensaft verwendet werden. Wie viele Speisen wurden auch die Mostbrötchen kräftig gewürzt, klassischerweise mit Kreuzkümmel, Anis, Lorbeer und anderen dominanten Aromen. Diese ersetzen wir hier durch Algen, die den Brötchen eine frische Meeresnote geben und sie zu einem besonderen Genuss machen.
Aus meiner Sicht eignen sich Wakame-Algen sehr für dieses Rezept, je nach Verfügbarkeit kommen auch Nori-Algen und fast alle anderen essbaren Algen dafür in Frage. Eine ebenfalls sehr schmackhafte Alternative ist der Europäische Queller (frz. „Salicorne“, ndl. „Zeekraal“), eine Pflanze, die zwar gar keine Alge ist, aber in der Küche oft ähnliche Verwendung findet. Man erhält gezüchtete Exemplare oft in gut sortierten Fischgeschäften. Eine ähnliche Rezeptur dürfte den von der Bäckerei Timmer auf Texel angebotenen Zeekraal-Broodjes zu Grunde liegen.
Was mich daran erinnert, demnächst mal alle küchentauglichen Algenarten hier ausführlich vorzustellen…
Algen-Brötchen
Kochutensilien
- 1 Teigknetmaschine
Zutaten
Vorteig
- 200 g Weizenmehl Type 550
- 200 ml Traubensaft
- 1 g Frischhefe
Hauptteig
- Vorteig
- 200 g Weizenmehl Type 550
- 100 g Roggenmehl Type 1150
- 130 ml Traubensaft
- 40 ml Olivenöl
- 10 g Frischhefe
- 10 g feines Meersalz
- 10 g getrocknete Wakame-Algen
Sonstiges
- 8 Lorbeerblätter
Anleitungen
- Vorteigzutaten gründlich vermischen und ca. 12 Stunden (oder etwas länger) abgedeckt bei Zimmertemperatur stehen lassen.
- Die Algen in einem Glas lauwarmem Wasser für ca. 30 Minuten rehydrieren lassen. Die Farbe ändert sich von schwarz zu grün und das Volumen vergrößert sich erheblich.
- Die Hauptteigzutaten außer den Algen für ca. 10 Minuten kneten, erst langsam, dann schnell.
- Die Algen aus dem Wasser nehmen, auf eine Schneidebrett geben und mit einem scharfen Messer in ca. 5 mm große Stücke schneiden.
- Algen zum Teig geben und für weitere 2-3 Minuten kneten, so dass die Algenstücke gleichmäßig im Teig verteilt werden.
- Den Teig abgedeckt (damit er nicht austrocknet) etwa eine Stunde bei Zimmertemperatur ruhen lassen.
- Den Teig kurz von Hand durchkneten und in 8 etwa gleich große Teile aufteilen. Diese auf ausreichend bemehlter Arbeitsfläche zu Zylindern formen. Anschließend auf ein Blech oder Brett legen, mit Folie abdecken und für etwa 4 Stunden auf der oberen Ebene im Kühlschrank ruhen lassen.
- Den Backofen auf 230 °C vorheizen und ein Backblech mit Backpapier auslegen. Darauf die Lorbeerblätter verteilen und auf jedes einen der Teiglinge setzen. Mit einem scharfen Messer jeden Teigling längs einschneiden.
- Für 20 Minuten backen und in den letzten Minuten die Backofentür einen schmalen Spalt öffnen (Kochlöffel einklemmen!), damit die Brötchen knusprig werden. Anschließend herausnehmen und auf einem Gitter abkühlen lassen.
Viel Spaß beim Ausprobieren! Ich würde mich freuen, wenn du mir einen Kommentar mit deinen Erfahrungen und Ideen hinterlassen würdest!
Bis bald
Marcus